Kurs 6.4
„Du sollst nicht…“

Gehorsam, ein kulturelles Schlüsselmoment?

Zur Akademie Torgelow 2025-6
24.07. - 09.08.2025

Frieden zwischen Menschen braucht Gehorsam. So befremdlich dieses Postulat auch anmuten mag: Ein Blick in Praxis, Theorie und Geschichte der „Friedensstifter“(?) Recht, Religion und Pädagogik offenbart komplexe Normensysteme, die zumindest ein „Sollen“ formulieren, mithin einen Anspruch auf Befolgung – also auf Gehorsam. Normen ohne diesen Anspruch auf Gehorsam laufen leer, Gehorsam kann freilich furchtbar missbraucht werden, wenn die Normen unmenschlichen Inhalts sind. Gehorsam ist stets kritisch, multiperspektivisch zu hinterfragen.

Die Problematik des Gehorsams soll in diesem interdisziplinären Kurs rechtshistorisch (z.B. „Befehl ist Befehl“ bei NS-Verbrechen, Schießbefehl an der deutsch-deutschen Grenze), rechtsphilosophisch (Was sind (Moral-/Rechts-)Normen?), theologisch („Du sollst nicht…“) anhand von Schlüsselquellen, biblischen und philosophischen Texten (Kant, Radbruch, Kelsen) untersucht werden. Nach einer Einführung in Grundlagen der Grundrechts- und Strafrechtsdogmatik dürfen die Teilnehmenden authentische Rechtsfälle lösen, bei denen die Frage nach den Grenzen des Gehorsams virulent wird. Die exegetische Arbeit „am Text“ und die gutachterliche Arbeit „am Fall“ werden sich dabei die Waage halten. Ein Ausflug in die pädagogische Psychologie mag Anlass geben zu ersten Gehversuchen im empirischen Arbeiten („Warum halten sich DSAler an welche Normen?“).

Für diesen Kurs sind keine juristischen Vorkenntnisse erforderlich, wohl aber die Bereitschaft, sich – auch im Rahmen eines vor der Akademie vorzubereitenden Referats – auf Denken und Schreiben in bisweilen schematischen Strukturen einzulassen. Im Kurs werden weniger politisch-religiöse Ansichten debattiert, sondern struktur- und geisteswissenschaftlich gearbeitet.

Die Kursleitung